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Im Januar 1912 machte Mönnig dann den Vorschlag, seine Tochter Grete, 23 Jahre alt, als Postgehilfin einzustellen. Schwierigkeit bereite aller­dings die Wahrnehmung des Sicherheits- und Unfallmeldedienstes. Nach Lage und Größe des Wacht-zimmers sei dessen Bewohnung durch eine weibliche Person nicht möglich. Die Oberpostdirektion ent­gegnete, daß gegen die Wahrnehmung des Unfallmelde- und Wachtdienstes durch weibliche Personen und bei Beachtung aller Sicherheitsvorkehrungen auch gegen das Bewohnen dieses Zimmers durch die Gehilfin keine Bedenken beständen. Darauf erwiderte Mönnig, daß seine Tochter auf die Annahme als Gehilfin verzichte, wenn ihr die Wahrnehmung des Unfallmelde- und Sicherungsdienstes zur Pflicht gemacht werde. Die Oberpostdirektion lenkte nun ein, sie sah einen Ausweg darin, daß ein eiserner Geldschrank aufgestellt werde und der Unfallmeldedienst durch Anbringung eines Fernsprechapparates im Schlaf­zimmer der Tochter sichergestellt werden könne. Einige Monate später wurde ein Postrat nach Schieder geschickt, und dieser meinte, daß die beste Lösung das Legen einer Fernsprechleitung zur Wohnung eines oder zweier Unterbeamten sei. Bei Freiwerden einer Unterbeamtenstelle sei auf die Überweisung eines unverheirateten Postbeamten Bedacht zu nehmen, der dann das Wachtzimmer zu beziehen hätte. Im Jahre 1913 waren bei dem Postamt Schieder Landbriefträger Krumsiek, Briefträger Hartmann, Post­schaffner Krumsiek und Postbote Höwing tätig. Bei der Postagentur Brakelsiek machte der Postbote Müller Dienst. Am 1. März 1915 wurde dem Postamt eine Hilfsbotenstelle gegen einen Lohn von 1,25 Mark für den halben Tag zugeteilt. Mönnig hatte diese Stelle beantragt, weil, wie er gemeldet hatte, nach Blomberg drei Kompagnien Infanterie verlegt waren und deshalb täglich im Durchschnitt 75 Pakete nach dort umzuleiten waren. Im April 1919 hatte das Postamt Schieder folgende Unterbeamten: Oberbrief­träger Hartmann, Postschaffner Krumsiek, Landbriefträger Krumsiek, Landbriefträger Höwing, daneben den Aushelfer Körber.
Postkunde Hoflager
So kleinlich die Postverwaltung bei der Bemessung des Personalbedarfs der Post in Schieder war, so groß­zügig zeigte sie sich während der Anwesenheit des fürstlichen Hoflagers in Schieder. Der letzte regierende Fürst zur Lippe hatte seit Jahren nicht mehr in Schieder Hof gehalten. Die Oberpostdirektion in Minden fand in der „Mindener Zeitung" vom 22. Juli 1898 eine Notiz, nach der die Übersiedlung der lippischen Regentenfamilie nach dem Schlosse zu Schieder schon in nächster Zeit zu erwarten war. Mönnig erhielt den Zeitungsausschnitt mit dieser Notiz übersandt und wurde gleichzeitig um Auskunft ersucht. Er meldete am 28. Juli, daß die Zeit des Eintreffens noch nicht feststehe, worauf er am 30. Juli gebeten wurde, für den Fall, daß seine Erlaucht der Graf-Regent in Schieder Aufenthalt nehme, rechtzeitig wegen eines etwa erforderlichen Aushilfsbeamten Antrag zu stellen. Wegen Erkrankung in der gräflichen Familie kam es im Jahre 1898 nicht mehr zum Hoflager in Schieder. In den folgenden Jahren meldete Mönnig dann sofort nach Bekanntwerden die Ankunft der hohen Herrschaften,  was dann sofort die Entsendung eines  Aushilfsbeamten zur Folge hatte. Er wurde aber auch sofort nach Beendigung des Lagers wieder zurück­gezogen. Es wurde voller Telegraphendienst angeordnet und ein besonderer Briefkartenschluß Schieder— Detmold eingerichtet. Mönnig selbst lag die beste postalische Betreuung des Hofes sehr am Herzen, er nahm während dessen Anwesenheit in Schieder niemals Urlaub und meldete der Oberpostdirektion mit größter Genauigkeit, bis auf die Tagesstunde, Ankunft und Rückkehr des Hofes, zwischenzeitlich auch bei allen Reisen des Fürsten Abfahrt und Rückkehr. Eine Meldung vom 3. Juli 1918 besagte, daß sich der Fürst gegen Mittag dieses Tages mit großem Gefolge mit dem D-Zug 31 Köln—Berlin von Schieder aus an den kaiserlichen Hof zu Wien begeben habe und die Fürstin in Schieder bleibe. Am 7. Juli wurde gemeldet, daß der Fürst am Abend des Vortages zurückgekehrt sei und Höchstderselbe etwa Mitte des Monats Schieder wieder verlassen werde. Das Hoflager machte der Post viel Arbeit, vornehmlich im Telegraphendienst. So hatte der Fürst am 30. Mai 1915, an seinem Geburtstag, etwa 300 Glückwunsch­telegramme erhalten. Die Verkehrssteigerung während der Anwesenheit des Hofes schlug aber einnahme­mäßig wegen der Portofreiheit nicht zu Buche. Die Vorboten des politischen und dynastischen Umsturzes kündigten sich bereits an, als die fürstliche Familie am 12. Juli 1918 Schieder verließ.
Die Lebensverhältnisse in Schieder
Die Postbediensteten in Schieder waren einkommensmäßig gewiß nicht auf Rosen gebettet, und in ihren Klagen über die teuren Lebensverhältnisse in Schieder steckte auch ein Körnchen Wahrheit. Der unbefangene Betrachter der Dinge muß aber zu der Feststellung kommen, daß die Entlohnung der Postleute zu gering war, um den Lebensunterhalt einigermaßen anständig bestreiten zu können, von der Möglichkeit, tatsächlich auftretende Verteuerungen noch aufzufangen, ganz zu schweigen. Neben der nach dem Kriege von 1870/71 zu beobachtenden allgemeinen Preissteigerung wird immer wieder die besondere in Schieder hervorgehoben und als Ursache die Eröffnung der Eisenbahnlinie Hannover—Altenbeken und das fürst­liche Hoflager genannt. Nun sind nahezu alle Eisenbahnbediensteten in der Frühzeit der Schiederschen Eisenbahn Auswärtige gewesen, die den an sich knappen Wohnraum in Schieder weiter verknappt haben. Sie hatten aber nicht eine Entlohnung, die preissteigernde Wirkungen zu erzielen vermochte. Das Hoflager in Schieder mit seiner Dauer von längstens zwei Monaten konnte die Preise auch nicht nennenswert über das ganze Jahr beeinflussen. Eine gewisse preissteigernde Wirkung muß sicher in dem Vorhandensein nur eines, Wohnung und Verpflegung bietenden, Gasthauses gesehen werden. Daß die Entlohnung bei der Post und die Preise auf dem Markt nicht im Gleichgewicht waren, beweist nichts besser als die Tatsache, daß die Post in Schieder um die achtziger Jahre zu den beiden vorhandenen Unterbeamten nur mit Mühe und Not den dritten finden konnte. Der Verdienst war zu gering.
Postverwalter Mönnig hat in seinen Berichten über die Einstellung und Entlohnung des Personals immer wieder das Mißverhältnis von Postentlohnung und Lebenshaltungskosten herausgestellt und damit indirekt die teure Lebensweise in Schieder beschworen. Einige Fälle aus der Geschichte des Postamts Schieder sollen zur Charakterisierung der Verhältnisse herausgegriffen werden. Der Postexpediteur Thorn hatte in seinem Bericht an die Oberpostdirektion für den von ihm einzustellenden Postgehilfen Mones eine Vergütung von 240 Rth. erbeten und diese damit begründet, daß ein Logis nicht unter 15 Rth. zu finden sei. Der Gehilfe könne nur in dem einzigen Gasthause wohnen, und hier zahlten der Bahnhofsvor­steher und der Güterexpedient schon 17V2 Rth. Er erbat auch eine Erhöhung der Vergütung für sich mit der Begründung, daß der Dienst sich täglich ausweite und seine volle Kraft und Zeit in Anspruch nähme. Sein Nebenverdienst durch Abschreiben von Akten bei dem Amt Schieder habe schon seit Monaten auf­gehört. Er stelle den Betrag der Erhöhung der Behörde anheim, betone aber, daß es mit den ihm ver­bleibenden 260 bis 270 Rth. schwer, sehr schwer sei, in dieser teuren Zeit Vater und Mutter, letztere seit Jahren krank und zu jeder Arbeit unfähig, vollständig mit zu ernähren. Er hege das feste Vertrauen, die ihm von dem Herrn General-Postdirektor in Gegenwart des Herrn Oberpost-Direktors gemachten Hoffnungen genießen zu lassen. Hoffnungen hin, Vertrauen her, Thorn bat vergebens. Er hatte aber das Glück, in Blomberg, wohin er am 1. Juni 1874 versetzt wurde, besser bezahlt zu werden. Geradezu dramatisch gestaltete sich der Fall des Postboten Korff, der um die Jahrhundertwende in Schieder mit einem Tagegeldsatz von 1,80 Mark beschäftigt wurde, während der vorhergehenden Tätig­keit in Bielefeld und Herford aber 2,20 Mark erhalten hatte. Er schrieb der Oberpostdirektion am 18. Januar 1903, daß es ihm bei den teuren Lebensverhältnissen unmöglich sei, die Kosten eines anständigen Lebensunterhalts damit zu bestreiten. In Bielefeld habe er täglich 5 Pfennig, in Herford sogar 20 Pfen­nig weniger an Kostgeld gezahlt. Trotz größter Sparsamkeit benötige er einen bedeutenden Zuschuß aus elterlichem Erbteil. Die jüngsten Postboten in Blomberg, Steinheim und Lügde erhielten 2,— Mark Tage­geld bei nicht schlechteren, meist sogar besseren Verhältnissen. Er bitte, ihm den unverschuldeten Schaden durch Unterstützung zu ersetzen und sein Tagegeld dem der Postboten genannter Orte anzugleichen. Die Oberpostdirektion teilte dem Postamt in Schieder am 26. Januar mit, daß das Tagegeld des Korff seinem Dienstalter und dem Normaltagegeldsatz seines Beschäftigungsortes entspreche. Das Gesuch des Korff sei zwar hinfällig, da er am 1. Februar nach Rinteln mit einem Tagegeldsatz von 2,— Mark ver­setzt sei, das Postamt solle sich aber zu der Behauptung äußern, daß von dem Tagegeld von 1,80 Mark nicht die allernotwendigsten Gegenstände zu beschaffen seien. Nach dem Bericht des Postamts vom 6. November 1902, die Fürsorge für jugendliche Beamte betreffend, zahlten dort die unverheirateten Unterbeamten bei einem Schlächtermeister 36,— Mark monatlich für Wohnung und Beköstigung. In Vertretung des Postverwalters legte Postassistent Albert der Oberpostdirektion nun die Einnahme- und Ausgabeaufzeichnungen des Korff für die Zeit vom 17. Oktober 1901 bis 30. Januar 1903 vor. Er hatte in dieser Zeit 794,45 Mark verausgabt, darunter 495,60 Mark für Kostgeld. Für den Tag waren das 1,77, womit ihm nur 3 Pfennig für den Tag verblieben. Auch bei Annahme eines Lebens über die Verhältnisse lasse sich nicht bestreiten, daß ein Tagegeld von 1,80 Mark für die Verhältnisse in Schieder etwas niedrig bemessen sei. Er stelle den Antrag, dem Postboten Nolting, der nicht wie der Postbote Hampe bei seinen Eltern wohne, ein Tagegeld von 2,— Mark zu gewähren. Die Oberpostdirektion hielt diese Ausführungen in ihrem Schreiben vom 8. Februar in keiner Weise für begründet. Wenn ein Unterbeamter einen weit über seine Verhältnisse hinausgehenden Aufwand wie Korff treibe, dann könne das Tagegeld auf die Dauer allerdings nicht ausreichen. Das Postamt habe sich nunmehr sachgemäß zu äußern und den Antrag auf Erhöhung des Tagegeldes gehörig zu begründen.
Das geschah am 12. Februar mit der Übersendung der Aufzeichnungen des Postboten Nolting für die Zeit vom 1. 6. 1902 bis 31. 1. 1903. In diesen acht Monaten hatte er bei einem Kostgeld von 1,20 Mark täglich und unter Berücksichtigung von Sondereinnahmen für das Abtragen schwerer Pakete 4,52 Mark mehr ausgegeben, als er verdiente. Postassistent Albert bemerkte dazu, daß Nolting keineswegs verschwen­derisch, vielmehr äußerst sparsam und solide sei. Wie der Oberpostdirektion bekannt sein dürfte, hätten die beiden jugendlichen und unverheirateten Postboten Korff und Nolting bei einem Schlachtermeister gewohnt und ausnahmsweise für volle Pension nur 36,— Mark im Monat gezahlt. Sie hätten sich jetzt allerdings im Gasthaus einquartieren müssen. Die Einwohner Schieders wollten sich augenscheinlich nicht mit der Aufwartung Fremder befassen. Sie behaupteten, für 36,— Mark im Monat kein Logis mit voller Verpflegung geben zu können. Wörtlich heißt es dann im Bericht des Postamts: „Es ist dies erklärlich, wenn man in Erwägung zieht, daß die Schiederaner fast alle entbehrlichen Nahrungsmittel während der Kurzeit nach Pyrmont und Meinberg für enorm hohe Preise absetzen. Die natürliche Folge hiervon ist, daß die Preise für die hier verbleibenden Lebensmittel ebenfalls riesig emporgeschraubt werden." Das war also, vom Standpunkt der Post gesehen, des Rätsels Lösung für die Teuerung in Schieder. Nun haben die Hoteliers und Pensionsinhaber in Pyrmont und Meinberg den Schiederanern für ihre Nahrungsmittel sicher keine Phantasiepreise gezahlt, wie denn auch der Verkauf von Lebensmitteln durch die Schiederaner in den genannten Orten nur eine Ausnahme gewesen sein kann. Die Oberpostdirektion hatte aber schließlich ein Einsehen, denn mit Verfügung vom 23. April 1903 wurde das Normaltagegeld für Schieder auf 2,— Mark erhöht.
Für den Postboten Korff hatte die Angelegenheit aber noch eine ernste Seite. Die Oberpostdirektion erwog mit Rücksicht darauf, daß er in Schieder einen nach ihrer Ansicht weit über seine Verhältnisse hinaus­gehenden Aufwand getrieben habe, ihn aus dem Postdienst zu entlassen. Ein Postrat stellte ihn in Rinteln zur Rede und meldete dann, daß ihm Korff nach eindringlichen Vorhaltungen versprochen habe, sich künftig sparsamer einzurichten. Für eine Entlassung aus dem Postdienst liege einstweilen keine Veranlassung vor. Das Postamt werde darüber wachen, daß er unnötige Ausgaben vermeide.
Die Oberpostdirektion machte sich weiterhin Sorgen über die Unterkunftsverhältnisse in Schieder. Sie bat Mönnig um Aufklärung. Dieser meldete am 22. Mai, daß alle Postbediensteten in Schieder derzeit so wohnten, daß keiner auf das Wirtshausleben angewiesen sei.

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